Am Tag des jüngsten Gerichts. Gott gibt dir in
allen Punkten Recht: Deine Religion, deine Kultur, deine Lebensweise waren
richtig, die der anderen falsch. Endlich jemand, der dir mit voller
Autorität und qua überlegenen Wissens Recht gibt. Allein ein
Beobachter sieht, dass jeder diese Erfahrung macht. So werden wir mit der
Idee der Wahrheit versöhnt, ohne den Sinn des Ganzen in unserem
Bewusstsein für auflösbar zu halten.
Nicht die Tatsache, dass etwas ist und nicht
nichts ist, sondern die Welt im permanenten Werden begriffen ist, ist die
eigentliche Provokation für die Rechtfertigung Gottes. Die Entwicklung
wird als Zweckverfolgung von Menschen wahrgenommen, obwohl der perfekte
Zweck doch Gott ist. Sollte die Welt eine göttliche Komödie zu
seiner Unterhaltung sein? Das fällt allerdings auf das Gottesbild
eines von seinen Wesen abhängigen, vergnügungsorientierten Gottes zurück
und wäre nicht mit der Glorie des erhabenen Schöpfergotts vereinbar. Die
Frage bleibt: Was will Gott, wenn er es nicht direkt werden lässt? Warum
die Wege und Umwege? Theologie bleibt also Medienwissenschaft. Wäre es
die beste aller möglichen Welten, spräche nichts dagegen, sie aus dem
Kreislauf des Entstehens und Vergehens zu nehmen.
In den fünfziger Jahren sahen alle Menschen so
ähnlich aus, suggeriert unser gegenwärtiger Blick. Irgendwann werden sie
das auch über euch sagen. Der historisch typisierende,
entdifferenzierende Blick. Wenn wir über Nationen reden, ist dieser
Blick Standard: Der Deutsche, der Brite, der Franzose.
Manche Menschen glauben, ihre Irrationalität würde
das Gegenüber mit Emotionalität verwechseln und darum schätzen oder gar
lieben.
Der ungarische Ministerpräsident Ferenc Gyurcsány
erklärt im September 2006: Den Wähler habe man morgens, mittags und
abends belogen. Die Regierung habe "alles verbockt" etc. Darauf
regt sich Volkszorn. Und in der Tat, das Verhalten des Ministerpräsidenten
ist unverzeihlich. Selbstverständlich weiß jeder, dass man permanent von
Politikern aus Gründen des höheren Gemeinwohls und Ähnlichem belogen
wird, aber es doch „Komment“ ist, dass nur der Wähler oder Kritiker
dergleichen sagen darf. Hier droht Rollenkonfusion.
Warum werden Menschen in helfenden Berufen zu
Menschenverächtern? Sie sehen wie klein Menschen werden können und
verachten sich, weil sie wissen, dass sie auch so klein wären. Oder sehen
sie ihre Größe?
Sämtlichen Museen dieser Welt, die Bilder
zeigen, fehlen nach meiner nicht ganz kleinen Statistik wichtige Hinweise.
Welcher Seh-Abstand ist für welches Bild zu wählen? Denn der Abstand
entscheidet bei den meisten Bildern über ihre Wirkung. Selbstverständlich
kann man Perspektiven ändern, forschen etc. Doch der Idealabstand ist
eine wichtige Größe und hier mag man den Ideen des Malers folgen. Menschliche
Größe erschließt sich auch nur im richtigen Abstand. Zuletzt
funktionieren alle Großen wie der Scheinriese Herr Tur Tur: Wir nähern
uns ihnen und ihr Sein wird so abstrakt wie das aller Menschen.
Youtube. Pro Tag werden 65000 Clips neu
eingestellt und ca. 100 Millionen Videos betrachtet – laut Spiegel
online, Ende 2006. Somit trifft Andy Warhols Prognose über die
15-Minuten-Berühmtheit nicht mehr den Kern der diffundierenden
Aufmerksamkeit. Denn wie kann Berühmtheit noch entstehen, wenn die
Aufmerksamkeitszeiten ständig fallen, die kulturellen Manifestationen
aller Art permanent wuchern und immer mehr partikulare Szenen entstehen?
Zuletzt bleibt uns nichts anderes übrig, als uns selbst zu bewundern.
Perfekter Mediensolipsismus. Perfekter Medienkannibalismus.
Im eher bellizistischen als belletristischen,
immerhin zumeist tristen Dschungel vertexteter Welt werden ungezählte
„Textsorten“ ausgesprudelt. Die Welt will nicht nur aus einer Quelle
trinken. Jede Frage stößt auf Antworten, jeder Weltausschnitt auf immer
neue Semantiken. Längst glaubt kein Neugeborener mehr an die sprachliche
Durchdringung der Welt. Unsere fragilen Weltbilder setzen sich aus
Halbwahrheiten und Halbgarheiten zusammen - soweit eine duldsame Identität
überhaupt noch Sinnstiftung zulässt. Beredtes Schweigen im Lärm der „overload
information“ lässt alles und nichts zu. Das Buch der Welt scheint nicht
zu existieren, allenfalls ein lückenhaftes Skript, das viel Raum für
Neuverschreibungen, Improvisationen und Apokryphen belässt.
„Gewissen ist Macht.“ Diese Phrase fiel mir
ein und längst gibt es sie. Das Internet zerstört permanent den
Traum von der eigenen Originalität.
Maxime. Wer die Sprache gut behandelt, den wird
die Sprache gut behandeln.
Exkulpation. Würden sie mehr auf ihre Sprache
achten, würde ich ihnen ihre Gedanken schon verzeihen.
Buchkultur. In der heutigen Buchunkultur sind
keine Widerstände mehr zu erwarten. Demnächst gibt es anstelle von Bücherverbrennungen
Vor- und Nachleser, die ungenießbare Seiten für uns wenden. Nietzsches
Befürchtung, dass nach einem Jahrhundert Leser die Bücher stinken, ist
schon überboten. Heute stinken selbst die Kritiker. „Was ist ein
Kritiker? Ein Leser, der Unannehmlichkeiten bereitet“, Jules Renard,
Ideen in Tinte getaucht, heute: ein Leser, der Unannehmlichkeiten
verhindert.
An sich
war die literarische Situation in der DDR ideal: Nichts schreiben dürfen,
wonach einem der Sinn stand. Ständig das Schwert der Zensur im Nacken –
und es war mehr ein Schwert als eine Schere. Leo Strauss begründet sein
Bild der philosophischen Methode auf dieser Sorgfalt gegenüber dem
Tyrannen. Es ist gefährlich, also werden Legionen von Interpreten über
diesen tief versteckten Sinn nachdenken müssen. In solcher
Dauerrepression wird eine Literatur, die zugleich apologetisch auftreten
muss, aber so schizophren wie lächerlich: Wie Kautelarjuristen, deren
Mentalreservation tief im Text versteckt ist, müssen nun Schriftsteller
schreiben. An eine Sache zu glauben, an die man nicht glauben kann, ist für
„Werktätige“ vielleicht eine erträgliche Kondition, weil dieser
Glaube nicht artikuliert werden muss, sondern im unentschiedenen
Zwielicht keine wirkliche Existenz reklamiert. Für Schriftsteller ist das
eine Bankrotterklärung. Der Sozialismus schulte kontrafaktische
Eigenschaften. Aber genau hier liegt das Problem: Zugleich die
Bereitschaft, sich zu verbiegen, die Fehler bei sich zu suchen, das
„ich“ permanent einer Revision zu unterziehen. Ab wann wird die viel
beschworene Selbstkritik schädlich?
Die Klage über die Informationsfluten,
abgesehen von ihrem performativen Selbstwiderspruch, dem Müll noch mehr Müll
hinzuzufügen, ist gegenstandslos. Denn die informationsverwertenden
Maschinen werden genau so nachwachsen wie Müllverbrennungsanlagen und
unendliche Filter. Allerdings hatte die Menschheit Zeit genug, eine
Selbstberuhigungsdialektik zu entwickeln, dass Gift und Antidot sich so
entwickeln wie das Antidot wieder zum Gift ... ad infinitum. Aber für
Weltuntergangsapostel bzw. Apokalyptiker ist diese Struktur viel zu aufwändig.
Möbilierung des Denkens. Wer ohnehin Probleme
hat, lässt bestimmte Gedanken nicht zu, die ihn noch weiter beschweren.
Ein freier Geist wäre ein unbelasteter oder einer, der Zuflucht sucht bei
Gedanken, die seine Sorgen vertreiben. Kein Denken ohne diesen
Pragmatismus, der Rücksicht auf den Denkenden nimmt. Gedanken sind wie Möbel,
auf denen man ruht. Paradigmatisch sind unsere Denklandschaften mit Möbeln
ausgestattet, die unterschiedlich bequem sind. Stühle vermitteln mehr
Wachsamkeit als Sofas, in Betten verkriecht man sich und wer will schon
auf Dauer auf einem Hocker sitzen? Es gibt Wasserbetten und Hängematten,
der Geist wird geschont und strapaziert. Irgendwann gehört jedes
Meublement auf den Sperrmüll.
Innere Sicherheit. „Sire,
geben Sie Gedankenfreiheit“, sagte einer zu seinem Ego.
Wahrnehmung als Irritation des Subjekts: Wenn
Feldherren, Kaiser oder Führer Militärparaden abhalten, produzieren sie
zumeist einen fatalen, folgenschweren Irrtum. Sie sehen eine Armee ohne
Gegner, eine scheinbar unendliche Armee, unerschöpfliche Ressourcen zu
Wasser, zu Lande und zu Luft. Diese Bilder werden nicht mit Statistiken
verrechnet. Die Sinne siegen über den Verstand - im Krieg und
in der Liebe. Die sowjetischen Militärparaden hätten gegen den output
der amerikanischen Militärfabriken "verrechnet" werden müssen.
Hitler hätte Amerika bereisen müssen, um sich ein besseres Bild von der
Welt zu machen. Freilich wäre er dann als „Größter Feldherr aller
Zeiten“ ausgefallen. Zuviel Wissen macht handlungsschwach. So also könnte
die Pädagogik Diktatoren schwächen.
Schauspieler. Der Film hat die Schauspieler
entlastet. Die Charaktermaske folgt der Kunst der Einstellung. Mimesis
verwandelt sich zum Kamerawinkel. Sergio Leone hat schließlich nur noch
ein Augenpaar gezeigt, wenn er den höchsten Ausdruck suchte. Lichtjahre
vom Drama entfernt, aber zugleich seine Vollendung, die Dynamik in den
Moment gebannt.
Don Quixote. Ein Ritter blättert
gedankenverloren in ledergebundenen Märchenschwarten. Ein Platoniker, der
die Ideen real wähnt. Wer Philosophen zu ernst nimmt, gerät in
Lebensgefahr. Andererseits darf man nur so viel Wirklichkeit zulassen, wie
es einem praktischen Leben gut tut. Ohne Selbsttäuschung wird das Leben
bekanntlich unerträglich.
Traumdeutung. Träume realer als alle
Wirklichkeit. Im wüsten Traum kommt das Subjekt aus seinem erzwungenen
Zentrum. Das labile Gleichgewicht erholt sich von sich selbst. Die
Traumdeutung Freuds hat den Traum monokulturalisiert. Die hypertrophe
Wildheit, Kraft, Schönheit, aber auch das abgrundtiefe Entsetzen hat der
Rationalismus der freudianischen Interpretationsmaschine verdrängt.
C.G.Jung hat den Interpretationspool des Traums erweitert. Aber auch hier
fehlt das volle Verständnis für den Überschuss, das Innovative und
bizarr Sinnlose, jenes Un-Archetypische, das keinem Schema zugeschlagen
werden kann. Träume nicht interpretieren, sondern erleben.
Bei Heimito von Doderer findet sich die
eigenartige Ansicht von der Entwirklichung der Zustände, wenn sie
katastrophal werden. In der Tat wird der Glaube, Wirkliches zu erleben, in
Ausnahmesituationen schwach. Arthur Koestler berichtet von einer lebensgefährlichen
Situation, wo sein Unterbewusstsein die Kontrolle übernimmt, weil er
reflexiv nicht in der Lage gewesen wäre, die Situation zu lösen.
Entwirklichungszustände scheinen oftmals Sucht auszulösen. Situationen,
die von Gewohnheit, Gewöhnung, Ordnung und Regelmäßigen geprägt sind,
lehren uns den Begriff der Wirklichkeit mit Normalität gleichzusetzen.
Normalität ist eine Form der Nichtveränderung, besser: Nichtveränderung
ist eine Wahrnehmungsschwäche. Würden wir genauer wahrnehmen, würden
wir den Anhub der Katastrophe lange vor ihrem Einschlag spüren. In den
gespenstischen Einbrüchen unseres Alltags wird die Welt zum Traum mit der
zugleich unwirklichen Hoffnung, wieder aufwachen zu können. Katastrophen
täuschen über ihre Normalität, weil sie seltener als der Alltag sind.
Aber darin täuschen sie uns zugleich über ihre Regelmäßigkeit, die dem
Gesetz der großen Zahl folgt. Keine Existenz wird ohne Katastrophen
bleiben, unsere Begleiter, unsere Schatten.
Autoscooter. Ich fahre mit meinem Sohn in einem
Autoscooter, die Ablenkungen sind zu zahlreich, er steuert nicht, sondern
wird von dem Ansturm der Reize abgelenkt. So verlieren wir die
Steuerungskraft, wenn wir unseren Blick nicht entphänomenologisieren,
d.h. die Welt so banal nehmen wie sie nicht ist, wie wir sie aber
brauchen, um handlungsfähig zu sein.
August Koelle, vielleicht der erste
Technikphilosoph, 1822: "Die Technik befreundet den Menschen mit der
Natur." Das ist gut gesagt. Lichtjahre von Rousseau entfernt.
Die „Ente“ von Jacques de Vaucanson als
Wappentier der Automatenbauer.
Art Deco war der Vorgriff auf das „totale“
Maschinenzeitalter, die Menschen Roboter, Vasen und Regale präsentieren
sich als Automaten. Kaffee- und Teeservice werden zu extraterrestrischen
Sensationen, spiegelglänzende Mond- und Marsstationen. Das
Maschinendesign mogelt sich in die Verspieltheiten des Jugendstils ein.
Ornament. Ornamente sind nichts als
Ordnungsfunktionen. Sie vertreiben Leere, wo noch nicht viel Platz für
Semantik ist. Also horror vacuui.
Aus einer Spam-Mail: "Diese Seite hier ist
nichts mehr für schwache Nerven und sprengt jeden guten Rahmen der
Sittlichkeit." Hätte sich Platon das als Werbung für das
Freizeitvergnügen der etwas anderen Art vorstellen können? Vermutlich
braucht es starke Sitten, um höchste Lüste zu garantieren. Der Marquis
de Sade wusste das bis zum Exzess, den er anders nicht hätte erreichen können.
Die Dialektik indes bleibt: Wer zu viel von Sittlichkeit redet, um
seine Lustbarkeiten anzupreisen, entlarvt sich als Anti-Libertin,
zumindest im Versuch seiner Selbsttäuschung.
Die Gesellschaft ist ein Soziallaboratorium, in
dem jedes Kaninchen das Recht hat, Versuchsleiter zu werden, solange die
Versuchsanordnung unbekannt bleibt. Mit einem Worten: Wir sind mittendrin,
wissen aber nicht, wo es lang geht.
Es gibt
keine Volkserzieher. Gäbe es sie, bestünden Zweifel gegenüber dem
Anspruch westlicher Gesellschaften, pluralistisch zu sein. Was es aber
gibt: Mahner, die eben jene Volkserzieher wie Johannes den Messias
vorbereiten wollen. Werteprediger sind lästige Leute, weil sie das
Gewissen provozieren, obwohl wir längst wissen, wie vergeblich das alles
ist.
Weihnachtsmarkt. St. Sebaldus, Nürnberg, drei
Punker mit Hund betreten den Sakralraum. Nieten- und kettenbewehrt,
funkelndes Metall, wie zu groß geratene Weihnachtsbaumanhänger, die dem
Christkindlmarkt entronnen sind und sich nun des Herrn erfreuen.
Traditionsverluste sind immer zugleich auch
Machtverluste. Nie wird es möglich sein, hier im kulturerhaltenden Sinne
ein chirurgisches Verhältnis zu guten und schlechten Eigenschaften eines
Organismus zu entwickeln.
Touristen sind lächerliche Erscheinungen.
Zweckfrei und gerüstet wie Krieger. Tourismus ist die Kriegserklärung
gegenüber Arbeit und Erholung gleichermaßen. Herauskommt der
Wechselbalg einer sinnentleerten Bewegung.
Wenn es eine riesige Zahl von Parallelwelten
gibt, die unterschiedliche Variationen von Lebensverläufen präsentieren,
kann jeder sein relatives Glück in diesem oder jenen Universum finden.
Wer hier Pech hat, hat da Glück. Die Theorie der Parallelwelten hat damit
nicht nur physikalische Implikationen, sondern ist zugleich eine ethische
Theorie, die die ausgleichende Gerechtigkeit in ihrem höchsten
Variantenreichtum zur Verfügung stellt. Zwischen dieser Art von
Quantenmechanik und einer Ethik, die nicht posthumen Welten vorbehalten
ist, gibt es eine direkte Verbindung. Zwar kann das Subjekt seinen
konkreten Lebensverlauf nicht dadurch retten, aber das Subjekt wird mit
seiner nun relativen Geworfenheit versöhnt. Denn alles könnte anders
sein…
Jack Vance erzählt 1959 die wahrhaft virtuelle
Geschichte „Dodkin´s Job“: Ein Mann erregt sich über ein unsinnige
Anweisung einer Behörde, Werkzeug nach der Arbeit wegzubringen und dann
aufwändig am nächsten Morgen wieder zu beschaffen. Die Wut über den Bürokratismus
wird zum Agens, die Machtverhältnisse im wahrsten sinne des Wortes zu
ersteigen. Was als Aufstieg erscheint, wird zum erfolgreichen Abstieg. Er
macht sich auf den Weg durch die Behörden, steigt auf und steigt ab. Der
Organisationskritiker landet schließlich im Keller. Dort sitzt ein alter
Mann in der Poststelle, der durch seine Anmerkungen an die Weisungen der
Regierung die eigentliche Politik macht, völlig unbeachtet und so mächtig,
wie er das nie vermuten würde. Der Bürokratismus-Kritiker erkennt
sofort: Das ist der Job der Jobs, das totale "Behind-the-Scenes
Mastermind" Scenario. Die Herrschaft, die in der Verschwörung eines
Mannes liegt, der weiß, wo die Fäden zusammenlaufen, nicht an der Spitze
der Hierarchie, nicht im Volkswillen, es ist die sensible Stelle des
Systems, das sich selbst nur unzureichend beobachtet. Der schwarze Fleck
in der Selbstbeobachtung einer Gesellschaft ist der Platz der zukünftigen
Herrschaft.
Nicht die Auffassungen, Meinungen zählen,
sondern ihre Spannung. Fundamentalisten existieren nur in der Spannung zu
Liberalen, Kapitalisten in der Spannung zu Sozialisten. Jeder Begriff ist
eine Abgrenzung, in der diese Spannung liegt, die - mitunter - zu einer
Synthesis, einer Weiterführung in eine andere Begrifflichkeit führt.
Jenseits des hegelianischen Optimismus ...Verändert ein Gedanke die Welt?
Oder sind Gedanken nur Reflexe bestimmter Lebensbedingungen? Der seltsame
Glaube, dass ein Gedanke auf philosophischer Chefebene die Verhältnisse
umkrempelt und doch nicht abweisbar. Kommt der Gedanke vor oder hinter den
Verhältnissen zum Tragen?
Politik hat längst einen antiquierten Geruch,
so als ob man in alten Folianten blättert, deren Gehalt sich im Staub der
Geschichte verflüchtigt.
|