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One plus
One
'One Plus One' does not mean
'one plus one equals two'. It just means what it says, 'one plus one'
In
den sechziger Jahren war Jean-Luc Godard der cineastische Großmeister
schlechthin. Die Mischung von One plus One war brisant: Black
Panther, The Rolling Stones, Jean-Luc Godard, London 1968. Eine Montage
aus Proben der Stones, Spielszenen, running stills. Heute nicht mehr
shocking, die Black Panther sind revolutionäre Schwätzer, die mit dem
üblichen dogmatischen Duktus auftreten. Im Interview wissen sie alles,
die Praxis lässt zu wünschen übrig. Die Stones sind nicht schlecht,
aber weit entfernt davon, genialisch zu erscheinen. Mick Jagger ein
Sexsymbol? Das setzt Fantasie voraus. Auch "Sympathy
for the Devil"
hat seine diabolischen Grenzen.
Running stills: Der Porno- und Pulp Fiction-Verkäufer
verkauft seine Schmuddellektüre für den Führer-Gruß. "Cinemarx"
und "Sovietcong" sind zwei Wörter, die deshalb noch lange
keinen Sinn machen. Godard montiert und montiert, bis die Erkenntnis
dämmern soll, dass Politik und Pulp keine diskreten Größen sind. Das
Wort "Ausbeutung" sagt nicht viel über die Verhältnisse und
Godard filmt keinen Essay, sondern eine Collage. Die analytischen Sätze
sind einige Fetzen von Fremdtexten, etwa jene Beschwörung des schwarzen
Mannes über die Kolonisierung seines Geistes durch die weiße Frau
("I believe that all these problems - particularly the problem
between the white woman and the black man must be brought out into the
open, dealt with and resolved. I know the black man’s sick attitude
toward the white woman is a revolutionary sickness. . . The price of
hating other human beings is loving oneself less."). Eldridge
Cleaver ("But we were also Marxist in our orientation, which is
like totally economics. Do you see what I'm saying. So we understood the
relationship to our freedom and our access to our economic remuneration
and not just a little job because that is whimsical. The man on top can
change that any time he wants to." ) ist zugleich KING KONG. Welche
Naivität, der Mythos des Mannes an der Spitze, der alles ändern kann,
der liebe Gott? Der gleiche Programmatiker verkündet: "All
the gods are dead except the god of war." Godard ist auf derselben
Höhe der Krieg-Kultur-Logik: "..to make the film simply as
possible, almost like an amateur film. What I want above all is to
destroy the idea of culture. Culture is an alibi of imperialism. There
is a Ministry of War. There is a Ministry of Culture. Therefore, culture
is war." Zwar lange vor Huntington gesagt, aber höchst
kurzschlüssig, denn längst war Godard zu diesem Zeitpunkt selbst ein
hoch akzeptierter Exponent eben dieser Kultur, von der man bestenfalls/schlechtestenfalls
sagen konnte, dass sie alles absorbiert, weil der unfreiwillige Mix
schon vor der Postmoderne zum Medienstandard wurde.
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Doch diese Kritik
ist vordergründig. Der Film hält ein Versagen fest, das zu riskieren
mehr wert war als ein Großteil der Filmproduktionen jener Jahre auch
nur ahnte. Godard wollte, wie auch in diversen anderen Filmen, das
Medium in seiner Analyse politischer wie kultureller Verhältnisse
selbst sprechen lassen. Das Medium ist die Botschaft der Botschaft. Die
Bilder existieren nur noch in Überlagerungen, sie dekonstruieren sich,
wenn sie aufeinanderprallen. Die Organisation des Films selbst wird zum
Thema, ohne den unverbindlichen Weg reiner Experimente zu gehen.
Fundamental: Was kann ein Film aussagen? Der Film begründet keine neue
Wirklichkeit, sondern kommentiert sie, ohne sich noch länger auf seine
Mittel verlassen zu können. Daraus entsteht Chaos, ein Chaos, das
eben nicht dem der vorgängigen Wirklichkeit so fremd ist. Damit folgen
auch diese Demontagen der Ordnung mindestens untergründig einer
Korrespondenz von Wirklichkeit und Film. Wie oft die Wahrheit in der
Sekunde aufleuchtet, ist freilich nicht zu parametrisieren.
(Left: Cool Rider)
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Der "kleine Soldat" sieht fast so aus,
als wäre er bei Max und Moritz bzw. George Segal in die Schule gegangen,
Mehlstaubkrieger...
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