I.
Gründerzeit
„Klärwerk III“ wurde im Februar 1982 von Alfred Kerger, Goedart
Palm und Karl-Heinz Wolff in Bonn-Bad Godesberg gegründet, in jenen
Zeiten, die Künstlergruppen noch entgegenkommender gesonnen waren. Künstlergruppen
waren im Zuge der „Wilden“ oder „Heftigen Malerei“ geradezu im
Trend, in Köln, Berlin oder Hamburg. Das entsprang nicht zuvörderst künstlerischer
oder – mit Wassily Kandinsky
zu reden – innerer Notwendigkeit. Die Künstlergruppe als „soziale
Plastik“ ist in jüngerer Zeit vornehmlich eine Erfindung von
Galeristen, Kunstvermarktern, marktorientierten Künstlern etc.
Nicht
nur die Maler in Mülheim waren wild, auch „Klärwerk III“ war
jedenfalls für Bonner Verhältnisse heftig, was sich zunächst in dem
Umstand äußerte, dass verschiedentlich betuliche Künstlerkollegen,
wenn nicht ganze Gruppen, „Klärwerk III“ beargwöhnten, es weder
mit der Kunst noch der Politik und schon gar nicht mit dem Amalgam aus
beiden ernst zu meinen.
Honestly:
„Klärwerk III“ war immer ernst, aufrichtig, wahrhaftig, aber
vermutlich zu bescheiden, um das öffentlich zu inszenieren. Wir waren
allerdings nie lustig, was voreilige Exegeten oberflächlich den höchst
disparaten Arbeiten entnehmen wollten. „Klärwerk-III-Kunstwerke“,
jedenfalls die mit Qualitätssiegel, sperren sich dem Begriff, sind also
relativ unbegreiflich und auch sonst nicht bekömmlich. Wir sind nicht
die Repräsentanten der Verwöhn- respektive Komfortgesellschaft,
sondern tendenziell profilneurotisch dem Begriff und der ehrwürdig
deutschen Tradition des „Tunichtguts“ verpflichtet.
Jedenfalls
erlitt auch diese Künstlergruppe den Effekt, dass Tradition vor allem
eine Funktion des Sitzfleischs ist. Also: Man verharrt etwa an einer
Bonner Schranke, jahrelang, und plötzlich gehört man zu dieser
Festspielgemeinde. Klärwerk hat das nie angestrebt und daher Fühler
oder ähnliches in die weitere Welt, auch jenseits der Eifel oder gar
des Atlantiks, ausgefahren. Selbst bis zur DOCUMENTA VII führte der
steinige Erfolgsweg (Vgl. Naidoo, Xavier „Dieser Weg wird kein
leichter sein/Dieser Weg wird steinig und schwer“, Mannheim 2005) auf
Einladung von Joseph Beuys. Die Gruppe hat in der Folge zahlreiche
Gastartisten aufgenommen und präsentiert: Johannes Stüttgen,
Meisterschüler des Vorbenannten, Florian Schneider… (irgend
jemand hat die Liste verlegt).
II.
Beethoven, Klärwerk III und der Kurfürst
Der
Reisende, der nach Bonn kommt, wird es also nie mehr leugnen. Drei Dinge
gehören zu Bonn: Beethoven, Klärwerk III und der Kurfürst. Beethoven
und der Kurfürst sind tot, also liegt die conclusio auf der Hand oder
dem Friedhof. Wie lautete das weiland im Werbeprospekt: Ähnlich wie "Cream" war und ist Klärwerk III eine
Supergruppe - aus herausragenden Einzelprotagonisten gebildet auf der
Suche nach einem gemeinsamen Repertoire und natürlich - sich selbst.
"Cream" ist bereits Geschichte, Klärwerk III ist pure,
ungefilterte Gegenwart. Von "Cream" kann man ältere
Schallplatten erwerben, Klärwerk III bietet dagegen aktuell autonome
Kunst an - unvermittelt und unvermittelbar von der
"Kulturindustrie".
Wem
das immer noch nicht reicht, der kann sich auf der
Vernissage, am 16. Mai
2007 um 17 Uhr, im Haus an der Redoute, Bonn Bad Godesberg (bis 10.
Juni)
von
den überbordenden Potenzen dieser solitären Kunst, live und unplugged,
überzeugen.
Klärwerk
III erscheint immer dann, wenn niemand damit rechnete und wirklich
- seien wir ehrlich - rechnete doch niemand damit, dass Klärwerk III
die Bonner Traditionsgruppe schlechthin würde. Selbst städtische
Kulturbeflissene wollten die „resurrection“ im Jahre des Herrn 2007
nicht wahrhaben, wälzten sich vergeblich Nächte lang und waren alleine
auf Druck unserer mächtigen Freunde zu bewegen, ihre Tore, wenn leider
auch nicht ihre – vom Festspielhaus träumenden - Kassen, zu öffnen.
Versöhnlicher
formuliert:
Dass
Klärwerk III nach all den Jahren eine provokative Apokryphe
des Kulturbetriebs geblieben ist, macht klar, dass es sich um einen
einzigartigen, förderungswürdigen Evergreen handeln dürfte. Eine
global agierende Kunstgruppe mit starken lokalen Bezügen. Stilbildend -
zumindest in Bonn und eventuell auch Bad Godesberg. Das Ende wurde
so oft prophezeit und kam doch nie. Sollte das nicht der Beleg unverbrüchlicher
Schaffenskraft sein?
Auch
wir reden bald schon vom Alterswerk, hoffen aber, dass Ihr alle, die es
angeht, noch recht oft den Kopf schüttelt. Denn wenn unsere Kunst Euch
nicht zur Reflektion anregt, mit anderen Worten: mal wieder gar nichts
klärt, reicht es doch dann wenigstens für ein bisschen Gehirn-Jogging.
Mehr kann man als Künstler nicht wollen...
Bonn,
im Mai 2007
Dr.
Goedart Palm
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